Fragestunde: Hilbers‘ finanzpolitische Widersprüche – Wie steuert die Regierung den Haushalt in die Zukunft?

Ende April 2022 hielt Finanzminister Hilbers auf Einladung der IHK Braunschweig eine Rede zum Thema „Solide Finanzpolitik in Niedersachsen – auch in Zeiten von nationalen und internationalen Krisen“[1] Die Braunschweiger Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 26. April unter der Überschrift „Finanzminister will sparen – nicht trotz, sondern wegen der Krise“ über die gemachten Äußerungen.

Der Finanzminister kritisierte danach die verfassungsrechtlichen Ausnahmeregelungen der Schulden-bremse bei außergewöhnlichen Notsituationen sowie die Anwendung dieser Ausnahmen insbesondere durch die Bundesregierung: „Dass man nachgerade in den schlechten Zeiten – zum Beispiel während einer Pandemie oder einem Krieg in Europa – auch noch Schulden aufbaut, treibt dem CDU-Politiker dann aber fast schon die Schweißperlen auf die Stirn. […] „Wenn der Krieg die einzige Krise wäre, die wir hätten, könnte man das ja machen, aber es gibt unzählige“, sagt der Minister.“[2]

In Bezug auf die künftige Ausrichtung der Haushalts- und Finanzpolitik des Landes sendete der Finanzminister sehr unterschiedliche Signale: „Hilbers erklärt, auch ein stärkerer Katastrophenschutz müsse zum Beispiel aus dem Haushalt finanziert werden. In anderen Bereichen sei dann Sparen an-gesagt. Nicht unbedingt bei der Digitalisierung und auch nicht bei der Dekarbonisierung, die der Politiker als zwei wichtige Projekte nennt, „wo wir als große Industrienation Vorbild sein wollen“. […] Wo al-so sparen? Das führt der Finanzminister bei dem virtuellen Vortrag nicht wirklich aus, deutet aber an, dass bei den Sozial-Ausgaben die Schrauben angedreht werden könnten.“[3] Die Braunschweiger Zeitung berichtet weiter: „„Wir verteilen zu viel um und investieren viel zu wenig“, resümiert Hilbers und will auch mit der falschen Erzählung aufräumen, die Schere zwischen arm und reich gehe immer weiter auf. Das sei durch Zahlen nicht zu belegen und stimme einfach nicht, auch wenn es so propagiert würde.“[4]

Abschließend wandte sich der Finanzminister gegen Steuererhöhungen, sprach sich aber für die Ab-schaffung der Körperschaftssteuer und eine Senkung von Energiesteuern aus. Außerdem betonte er, „es sei Aufgabe und Pflicht der Politik zu vermitteln, dass sich das Wachstum verlangsamen werde und es die Friedensdividende, die nach Ende des Kalten Kriegs das wirtschaftliche Wachstum befeuerte, jetzt nicht mehr gebe.“[5]

Wir fragen die Landesregierung:

1.      Wie beurteilt die Landesregierung die mittelfristige Tragfähigkeit des Landeshaushalts und mit welchen Instrumenten will sie den Haushalt künftig ausgleichen, wenn laut Finanzminister wichtige Projekte (u.a. „Dekarbonisierung, Digitalisierung, Katastrophenschutz“) im Haushalt neu finanziert werden müssen, zugleich aber ein langsameres Wirtschaftswachstum prognostiziert wird (gleichbedeutend mit einem Rückgang geplanter Steuermehreinnahmen) sowie Steuererhöhungen ausgeschlossen bzw. Steuererleichterungen in Aussicht gestellt werden?

2.      Ist es Auffassung der Landesregierung, dass das Bild einer fortgesetzten Öffnung der „Schere zwischen Arm und Reich" eine „falsche Erzählung“ darstellt, dass in Deutschland „zu viel umverteilt“ werde und dass bei Sozialausgaben gespart werden könne?

3.      Hält die Landesregierung die Aufnahme von Notfallkrediten (mit Tilgungsverpflichtung) im Rahmen der Ausnahmeregelung der Schuldenbremse bei außergewöhnlichen Notsituationen – selbst bei mehreren zeitlich eng aufeinander folgenden Krisen – für ein gutes Instrument zur Krisenbewältigung oder welchen Reformbedarf sieht sie dazu?


[1] Siehe: https://www.braunschweig.ihk.de/system/vstdetail-antrago/5177250/10939?terminId=10939 (abgerufen am 05.05.2022)

[2] Siehe: https://www.braunschweiger-zeitung.de/wirtschaft/article235168417/Finanzminister-will-sparen-nicht-trotz-sondern-wegen-der-Krise.html (abgerufen am 5.5.2022)

[3] ebd.

[4] ebd.

[5] ebd.

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