Miriam Staudte: Rede zur Ernährungssicherheit im Ukraine-Krieg

Rede TOP 24 a: Ernährungssicherung in einer historischen Krise – die Potenziale der heimischen Landwirtschaft aktivieren (Aktuelle Stunde CDU)

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine haben ohne Frage negativen Einfluss auf den internationalen Getreidemarkt und den Export von Mineraldünger.

Aber CDU und FDP versuchen diesen Krieg zu instrumentalisieren, um die notwendige Ernährungs- und Agrarwende zu verhindern.

Sie propagieren wieder eine Intensivierung der Landwirtschaft wie eh und je. Deutschland soll die Welt ernähren, dabei fressen doch unsere Tierbestände das Brot der Armen.

Wir haben nämlich trotz Krieg kein Mengenproblem, sondern ein Verteilungsproblem bei Nahrungsmitteln auf dieser Welt. Lesen sie dazu die Stellungnahme des Potsdam-Instituts für Klimafolgen, die von 400 Expertinnen und Experten unterzeichnet wurde.

CDU und FDP versuchen, das Problem auf der Angebotsseite zu lösen, statt auf der Nachfrageseite.

Solange 70 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche genutzt werden für den Anbau von Futtermitteln und Treibstoffen, müssen wir dort ansetzen, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen.

Green Deal, Farm-to-Fork-Strategie, Zukunftskommission Landwirtschaft, hier bei uns der Niedersächsische Weg. Das sind alles breite gesellschaftliche Verabredungen für eine Nachhaltigkeitswende. 

Doch das stellen Sie nun alles in Frage.

Man kann aber nicht eine Krise nach der anderen abarbeiten. Die Klima- und Artenkrise, die Krise der Ernährungssicherheit müssen zusammen gelöst werden. 

Es soll laut Ministerin Otte-Kinast keine „Denkverbote“ und „Tabus“ mehr geben.

Dr. Marco Mohrmann will mehr düngen und mehr Pestizide einsetzen.

Wie absurd ist die Forderung nach mehr Düngung? Es soll mehr gedüngt werden, obwohl die EU uns noch wegen der Nitratwerte im Grundwasser verklagt?

Das sind Panikreaktionen. Lassen Sie sich nicht von Chemielobbyisten - wie es Bauer Willi zum Beispiel ist - die gegen die Stilllegungsziele von 4 Prozent ab dem Jahr 2023 agitieren, verrückt machen.

Auf die Stilllegungsflächen zu Lasten des Artenschutzes zu verzichten, würde weltweit nur 0,1 Prozent der Weltgetreideproduktion ausmachen. Wohingegen 7 Prozent des Weltgetreides allein schon für Bioethanol im Tank landen. In Deutschland 600.000t Getreide.

Was ist jetzt wichtig:

  1. Finanzhilfen für das Welternährungsprogramm bereitstellen, finanzschwache Haushalte EU-weit auch zielgerichtet besser unterstützen.
  2. Kein Getreide mehr in Tanks.
  3. Ein Lebensmittel-Retten-Gesetz einführen - allein der Weizen, der in der EU verschwendet wird, entspricht der Hälfte der Ukraine-Exporte.
    Der Schritt, der niemandem weh tut, wäre doch, Lebensmittelverluste einzudämmen. Ich verweise an unseren Antrag für ein Lebensmittel-Retten-Gesetz am Donnerstag.
    Wir schmeißen 30-40 Prozent unserer Lebensmittel in den Müll. Und das sind nur die fertigen Lebensmittel. Hinzukommen 13 Mio. Schweine, die jährlich in Tierkörperbeseitigungsanlagen landen.
  1. Beschleunigung der Ernährungswende für mehr pflanzliche Ernährung, das ist auch eine Forderung der Zukunftskommission: Mehr Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte. Wir verschwenden Kalorien, indem wir 3-15 pflanzliche Kalorien vernichten, um eine tierische Kalorie erzeugen. Das Ganze nennt sich dann „Veredelung“ es ist aber eine Vernichtung von Kalorien und ist eine Hauptursache von Hunger in der Welt.

Ein Abstocken der Tierbestände in Problemregionen wäre möglich. 46 Prozent des weltweiten Getreides landen im Tierfutter. Dazu kommen noch das Soja und die palmölbasierten Futtermittel.

Wenn endlich die Futtermittelimporte reduziert werden, können andere Flächen freigemacht werden für den direkten Anbau von Nahrungsmitteln.

Wie kompensiert man den Verlust von Mineraldünger?

  1. Um eigene Futtermittel zu produzieren, muss der Anbau von Hülsenfrüchten gesteigert werden. Durch diese Leguminosen verbessert sich die Bodenfruchtbarkeit, denn Leguminosen sind natürliche Stickstoffsammler.
  2. Mehr statt weniger Fruchtfolgen, um den Boden zu schonen.
  3. Kreislaufwirtschaft: Gülle und Mist zielgenau einsetzen. Das Konzept der flächengebundenen Tierhaltung wieder einführen.

Das sind alles Arbeitsweisen des Ökolandbaus. Den Bio-Anbau, der ohne Mineraldünger auskommt, als Leitbild zu nehmen, das wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

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