Marie Kollenrott: Rede zu "Glasindustrie in der Zukunftsregion Weserbergland+ fördern"
TOP 36: Glasindustrie in der Zukunftsregion Weserbergland+ fördern – die energieintensive Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen (Antr. SPD/Grüne)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleg*innen, sehr geehrte Damen und Herren,
heute sprechen wir über einen zentralen Baustein der Energiewende: die energieintensive Industrie und deren Weg zur Klimaneutralität. Das ist ein Thema, das wir als Land Niedersachsen konsequent vorantreiben – gerade jetzt in industriepolitisch schwierigen Zeiten. Nur wer im Sinne auch der nachfolgenden Generationen vorangeht macht Unternehmen und Arbeitsplätze zukunftsfähig. Was den Klimawandel angeht ist die Wissenschaft glasklar – ein Zurück nach Gestern darf, kann und wird es nicht geben. Gerade wir als Küstenland müssen uns der Gefahr die vom Klimawandel ausgeht, immer wieder bewusst machen.
Gleichwohl stellt der notwendige Wandel hin zu klimaneutralen Produktionsprozessen energieintensive Branchen wie die Glasindustrie vor große Herausforderungen. Wir müssen das als Chance begreifen. Die Chance, unsere Industrie fit für die Zukunft zu machen. Die Transformation bietet die Möglichkeit, technologische Innovationen voranzutreiben, die nicht nur in Niedersachsen, sondern weltweit gebraucht werden. Die Salzgitter AG macht dies gerade mit dem Salcos-Projekt eindrucksvoll vor.
Als Energiewendeland Nummer 1 schaffen wir die Grundvoraussetzung - denn grüner Strom ist günstiger Strom. Gleichzeitig müssen wir die Rahmenbedingungen weiter verbessern, damit die Industrie auch die notwendigen Investitionsentscheidungen treffen kann. Denn nur wenn die energieintensiven Betriebe Zugang zu wettbewerbsfähigen Strompreisen und einer gut ausgebauten Wasserstoffinfrastruktur haben, können sie den notwendigen Wandel schaffen.
In Niedersachsen gibt es entsprechend des geplanten Wasserstoff-Kernnetzes weiterhin Regionen, die vorerst nicht angebunden sind – darunter auch das Weserbergland, Südniedersachsen allgemein. Das birgt das Risiko, dass diese Regionen bei der Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft abgehängt werden, was die Wettbewerbsfähigkeit der dort ansässigen Unternehmen, wie der Glasindustrie, der Verpackungsindustrie, der Stahlindustrie, der Chemieindustrie usw. gefährdet. Eben jeglicher Industrie in der Hochtemperaturprozesse und hohe Verbräuche eine Rolle spielen. Ich kann es nur wiederholen: Diesbezüglich abgehängte Regionen können wir uns nicht leisten – das muss auch eine Lehre aus den kürzlichen Wahlergebnissen sein. Gerad ein strukturschwächeren Gegenden brauchen wir jeden fair bezahlten Arbeitsplatz.
Aber, ich sagte es vorhin schon einmal – ich bin Christian Meyer und Olaf Lies ausdrücklich dankbar - Niedersachsen hat sich bereits in seiner Stellungnahme im Sinne der Kommunen zum Wasserstoffkernnetz für eine Anbindung aller Regionen eingesetzt und setzt sich auch weiterhin dafür ein.
Beim grünen Strom sind wir bereits vorn und treiben den Ausbau weiter voran. Mit dem Beteiligungsgesetz sorgen wir dafür, dass unsere Bürger*innen und Kommunen vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren.
Nun müssen auch dafür sorgen, dass die ansässigen Unternehmen noch mehr profitieren können.
Wir begrüßen, wenn Unternehmen bereit sind in regionale erneuerbare Energieprojekte zu investieren. Doch die Netzentgelte sind auch bei kurzen Durchleitungsstrecken so hoch, dass sie häufig Projekte unwirtschaftlich machen und Investitionen verhindern. Es kann nicht sein, dass Unternehmen, die aktiv in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren und ihren Strombedarf eigenständig durch grüne Energie decken wollen benachteiligt werden und für Stromleitungen anderswo mitbezahlen. Eigenversorgung muss unserer Ansicht nach auch möglich sein, wenn die Anlagen außerhalb des eigenen Betriebshofes stehen.
Wir brauchen daher dringend eine Reform der individuellen Netzentgelte. Ebenso müssen die Netzentgelte geeignet sein, Flexibilisierungen zu begünstigen. Das sogenannte Bandlastprivileg entlastet Unternehmen bei den Stromkosten, führt aber gleichzeitig zu einer Blockade der Flexibilisierung. Auch hier gilt: wer Verbräuche netzdienlich flexibilisiert muss belohnt und darf nicht bestraft werden.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Einbindung der Abwärme der energieintensiven Industrie in die kommunale Wärmeplanung. Die Nutzung von Abwärme aus der Industrie ist eine Win-Win-Situation: Sie senkt die Emissionen und trägt zur klimafreundlichen Wärmeversorgung unserer Städte und Gemeinden bei. Diese Kopplung ist nicht nur klimapolitisch intelligent, sondern auch Wirtschaftspolitisch, denn so entstehen zusätzliche Einnahmen für die Unternehmen. Effizienzvorteile bei der Energienutzung zahlen auch auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit ein.
Klar ist: Diese Transformation, dieser Wandel wird nur gelingen, wenn wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Das umfasst nicht nur den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien, sondern auch eine klare Unterstützung der Industrie auf ihrem Weg zu grüner Energie und Wasserstoffnutzung.
Lassen Sie uns daher heute einige Weichen stellen für eine Industrie, die nicht auf fossile Energien angewiesen ist, sondern auf grüne Zukunftstechnologien setzt. Eine Industrie, die ihren Teil zur Klimaneutralität beiträgt, und dabei Arbeitsplätze und Innovationen dauerhaft sichert. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen zwischen Wirtschafts- und Umweltausschuss!