Antrag: Niedersachsens Mooroffensive vorantreiben

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90 Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Niedersachsen ist im bundesdeutschen Vergleich das Bundesland mit den meisten Moorflächen. Insgesamt liegen mehr als die Hälfte aller Hochmoore und ca. 18 Prozent aller Niedermoore in Niedersachsen. Rund 8 Prozent unserer Landesfläche weist kohlenstoffhaltige Moorböden auf. Davon werden circa 70 Prozent landwirtschaftlich bewirtschaftet. Moore sind für den Klimaschutz von enormer Bedeutung. Durch die Trockenlegung werden für die Bewirtschaftung große Mengen Treibhausgase (Kohlenstoffdioxid, Methan und Lachgas) in die Atmosphäre entlassen. 

Die Emissionen aus den entwässerten Moorböden in Niedersachsen machen rund elf Prozent der niedersächsischen Gesamtemissionen aus oder anders gesagt rund 10 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Diese Zahlen verdeutlichen, welches Potenzial in den niedersächsischen Moorflächen liegen, wenn es um natürlichen Klimaschutz geht, gleichzeitig aber auch, welche Herausforderungen uns in diesem Kontext noch bevorstehen.

Die Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz aus dem Jahr 2021, das Klimaschutzprogramm 2030 sowie die Nationale Moorstrategie aus dem Jahr 2022 sind für Niedersachsen wichtige Bausteine im Kontext mit dem Moorschutz. Wir bekennen uns zu dem vereinbarten Ziel zwischen Bund und Ländern bis zum Jahr 2030 die jährlichen Treibhausgasemissionen aus Moorböden um mindestens 5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu reduzieren, da sich Niedersachsen als Moorland Nr. 1 seiner besonderen Verantwortung bewusst ist. Effektiver und langfristiger Klimaschutz kann nur mit einem ausreichenden Moorbodenschutz funktionieren. 

Wir erkennen die Lebensleistung damaliger Generationen in dem Bewusstsein an, dass die ehemals staatlich verordnete Trockenlegung von Mooren für die Ernährungssicherung in Niedersachsen eine zentrale Rolle gespielt hat, für ganze Regionen identitätsstiftend war und wesentlich zu deren Wohlstand beigetragen hat. Aus diesem Grund muss die notwendige Transformation mit dem Ziel einer dauerhaften Treibhausgasreduktion gemeinsam gestaltet werden. Deshalb sollen geeignete Formen der Partizipation und des Dialogs mit Kommunen, Landwirtschaft, Naturschutz und Wasserwirtschaft weiter fortgeführt werden.

Für konkrete Maßnahmen der Renaturierung und Wiedervernässung (Teil- oder Vollvernässung) muss es eine aktualisierte und umfassende Datengrundlage über die Moore in Niedersachsen geben. Das Niedersächsische Umweltministerium hat unter anderem eine Potenzialstudie in Auftrag gegeben, welche eine erste Planungsgrundlage für zügige und effektive Maßnahmen des natürlichen Klimaschutzes in Moorgebieten bieten soll. Diesen Vorstoß der Landesregierung begrüßen wir ausdrücklich.

Wir begrüßen zudem, dass das Kompetenzzentrum 3N und das Grünlandzentrum von der Landesregierung weiterhin gefördert werden.

Der Landtag bittet die Landesregierung,

  1. die Einrichtung einer zentralen Steuerungseinheit Moorschutz zum Management und zur Vernässung landeseigener Moorflächen sowie eines Moorkoordinierungszentrums als zentrale Koordinations- und Beratungsstelle für Renaturierung und moorschonende Bewirtschaftung aller kohlenstoffreichen Böden schnellstmöglich umzusetzen,
  2. die vorhandenen Kompetenzen der staatlichen Moorverwaltung im Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems, des LBEG, des 3 N Kompetenzzentrums, des Grünlandzentrums, des NLWKN, der NLG, der Landwirtschaftskammer und des Landvolks bei der Umsetzung der Ziele im Bereich Moorschutz, -entwicklung, -wiedervernässung sowie im Bereich des Flächenhandels, der Beratung, der Vernetzung und der Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen, um die Entstehung von Doppelstrukturen zu verhindern,
  3. mithilfe einer zentralen Steuerungseinheit Moorschutz sowie des Moorkoordinierungszentrums verfügbare Bundesfördermittel für den Moorschutz (z.B. im Rahmen des Aktionsprogrammes Natürlicher Klimaschutz) einzuwerben, um es für landwirtschaftliche Betriebe auch wirtschaftlich attraktiv zu machen, ihre Bewirtschaftungsformen in Richtung Treibhausgasneutralität zu verändern (naturverträgliche Freiflächen-Photovoltaikanlagen)
  4. das Aktionsprogramm „Niedersächsische Moorlandschaften“ zu einer Landesstrategie Moorbodenschutz weiterzuentwickeln und die Ziele und Zeitpläne für die Wiedervernässung und die deutliche Reduzierung der Klimaemissionen aus kohlenstoffhaltigen Böden zu konkretisieren, 
  5. Aufbauend auf der Potenzialstudie „Moore in Niedersachsen“ eine Koordination und ein Monitoring für den Moorklimaschutz zu etablieren,
  6. die Wiedervernässung der landeseigenen Flächen voranzutreiben,
  7. im Dialog mit Flächeneigentümern und Kommunen zu prüfen, inwieweit auf nicht im Besitz des Landes befindlichen Flächen die Wiedervernässung noch weiter vorangetrieben werden kann, um Treibhausgasemissionen im Rahmen eines effektiven Klimaschutzes einzusparen,
  8. Pilotregionen zu identifizieren, in denen im Dialog mit Kommunen, Naturschutzverbänden und Flächenbewirtschaftenden die Potenziale einer nachhaltigen Regionalentwicklung durch Moorschutz, eine klimafreundliche Bewirtschaftung und sanften Tourismus erprobt werden können,
  9. die Einführung freiwilliger Kohlenstoffzertifikate zu unterstützen,
  10. zu prüfen, wie Moorwiedervernässung und natürlicher Klimaschutz auf landwirtschaftlichen Flächen als Kompensationsmaßnahmen für ausgleichspflichtige Eingriffe anrechenbar sind, 
  11. zu prüfen, inwieweit die Landesförderung für Moorrenaturierung und moorschonende Bewirtschaftung ausgeweitet werden kann,
  12. zu prüfen, wie die Vermarktung klimafreundlicher Blumenerden und torffrei produzierter Topf- und Jungpflanzen von regionalen Betrieben unterstützt werden kann,
  13. gemeinsam mit allen Akteuren (u.a. Torfindustrie, Erdenwerke, Garten- und Landschaftsbau, Gemüse – und Pilzanbauverbänden sowie Naturschutzverbänden) einen Ausstiegsplan für die Verwendung von Torf zu erarbeiten, um die in diesem Bereich tätigen Unternehmen im Rahmen der anstehenden Transformation zu unterstützen
  14. in Modellprojekten zu prüfen, wie die Wertschöpfung durch Produkte aus dem Aufwuchs von vernässten Moorstandorten im Bereich von Verpackungs-, Bau- und Dämmstoffen durch eine gezielte Wirtschaftsförderung und Anschubfinanzierung unterstützt werden kann.

Begründung

Niedersachsen als Moorland Nr. 1 in Deutschland trägt mit den rund 400.000 ha Moorflächen eine besondere Verantwortung im Hinblick auf die Klimaschutzleistung dieser kohlenstoffreichen Böden. Der größte Teil der Moore in Niedersachsen wurden über die vergangenen Jahrzehnte durch land- und forstwirtschaftliche Nutzung sowie den Torfabbau entwässert und dezimiert. Nur wenige Moore sind noch vergleichsweise intakt und können ihre Eigenschaften als natürliche Kohlenstoffdioxid-Senke wahrnehmen. Diese intakten Moorflächen wurden seit den 1970er Jahren als Naturschutz- oder FFH-Gebiete ausgewiesen und konnten so bewahrt werden.

Der Torfabbau in Niedersachsen geht zwar langsam zurück, dennoch gibt es in einigen Landkreisen noch laufende Genehmigungen bis in die 2050er und 2060er Jahre hineinreichen. Die aktuelle Abbaufläche liegt laut Zahlen des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) bei circa 10.000 Hektar.

Im Rahmen der Novellierung des Niedersächsischen Klimagesetzes gab es deshalb eine Änderung am Niedersächsischen Naturschutzgesetz. Hier wurde ein Verbot für neue Torfabbaugenehmigungen beschlossen. In einigen Landkreisen bestehen laufende Genehmigungen bis in die 2050er und 2060er Jahre hinein. Die aktuelle Abbaufläche liegt laut Zahlen des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) bei circa 10.000 Hektar

Moorschutz als Teil des natürlichen Klimaschutzes ist einer unserer wichtigsten Beiträge zum Klimaschutz in Niedersachsen. Aus diesem Grund begrüßen wir es ausdrücklich, dass auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) den Stellenwert des natürlichen Klimaschutzes erkannt hat und in einem Aktionsprogramm rund 4 Milliarden Euro bereitstellen möchte, um die Kommunen, Landkreise und Länder bei konkreten Maßnahmen, wie zum Beispiel der Wiedervernässung und Renaturierung der Moore, finanziell zu unterstützen.

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